Was ist Nachtarbeit? Die gesetzliche Definition
Nach dem Arbeitszeitgesetz (§ 2 ArbZG) gilt als Nachtarbeit jede Tätigkeit, die zwischen 23 Uhr und 6 Uhr erbracht wird – in Bäckereien bereits ab 22 Uhr. Wer regelmäßig mindestens zwei Stunden in dieser Zeit arbeitet, gilt als Nachtarbeiter und hat damit besondere Schutzrechte.
Anspruch auf Nachtzuschlag: So macht man es richtig
Das Gesetz sieht für Nachtarbeit einen finanziellen oder zeitlichen Ausgleich vor (§ 6 Abs. 5 ArbZG). Doch: Ein konkreter Mindestzuschlag ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Vielmehr regeln Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge die genaue Höhe.
Worauf Sie achten sollten:
- Kein Tarifvertrag? Dann orientieren sich Gerichte an üblichen Branchenwerten (zwischen 20 % und 30 % Zuschlag).
- Körperlich belastende Tätigkeiten oder Schichtdienste? Diese können einen höheren Zuschlag rechtfertigen.
- Alternativ zum Geld kann auch Freizeitausgleich vereinbart werden – dieser muss „angemessen“ sein.
Tipp: In nicht tarifgebundenen Betrieben lohnt sich ein Blick in vergleichbare Regelungen der Branche. Gerichte entscheiden im Streitfall oft nach Maßgabe der „branchenüblichen Vergütung“.
Welche Rechte habe ich als Nachtarbeiter?
Neben dem Zuschlag stehen Ihnen weitere Schutzrechte zu:
- Gesundheitsschutz: Anspruch auf regelmäßige arbeitsmedizinische Untersuchungen.
- Besondere Rücksichtnahme: Arbeitgeber müssen bei gesundheitlichen Problemen mit der Nachtarbeit eine Umsetzung auf Tagesarbeit prüfen.
- Verbotene Nachtarbeit: Für werdende Mütter, Jugendliche oder besonders gefährdete Gruppen gelten spezielle Einschränkungen.
Checkliste: Was tun bei regelmäßiger Nachtarbeit?
- Arbeitszeit prüfen: Fällt Ihre Tätigkeit regelmäßig in die gesetzliche Nachtzeit?
- Vertragliche Regelung checken: Was steht in Ihrem Arbeits- oder Tarifvertrag zum Thema Nachtzuschlag?
- Nachweise sammeln: Dokumentieren Sie Ihre Arbeitszeiten – das hilft im Streitfall.
- Zuschlag fordern: Falls nicht automatisch gezahlt – schriftlich einfordern und ggf. mit rechtlicher Unterstützung.
- Gesundheit ernst nehmen: Nutzen Sie Ihren Anspruch auf arbeitsmedizinische Vorsorge.
Fristen und Verjährung: Wie lange kann ich rückwirkend Zuschläge verlangen?
Ein häufig unterschätzter Punkt: Ansprüche auf Nachtzuschläge unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Sie von den Umständen Kenntnis hatten oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten haben müssen.
Beispiel: Haben Sie im Mai 2022 regelmäßig Nachtdienste geleistet und keine Zuschläge erhalten, können Sie diese grundsätzlich noch bis zum 31. Dezember 2025 einfordern. Wichtig: In vielen Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen gibt es jedoch sogenannte Ausschlussfristen, die viel kürzer ausfallen – teilweise nur wenige Monate!
Tipp: Prüfen Sie Ihren Vertrag sorgfältig auf solche Fristen und handeln Sie schnell, wenn Sie eine Nachforderung planen.
Was tun, wenn der Arbeitgeber sich weigert?
Nicht jeder Arbeitgeber ist kooperativ – besonders dann nicht, wenn es um rückwirkende Zahlungen geht. Wenn Sie der Meinung sind, Ihnen steht ein Nachtzuschlag zu, doch Ihr Arbeitgeber lehnt dies ab, sollten Sie systematisch vorgehen:
- Gespräch suchen: Klären Sie in einem sachlichen Gespräch die Rechtslage und bringen Sie konkrete Beispiele sowie ggf. Tarifregelungen ein.
- Schriftliche Geltendmachung: Fordern Sie Ihren Anspruch schriftlich und nachvollziehbar ein – inklusive der Berechnungsgrundlage.
- Betriebsrat einbeziehen: Falls vorhanden, kann der Betriebsrat vermitteln oder auf eine Klärung hinwirken.
- Externe Hilfe: Bei weiterem Widerstand hilft oft der Gang zu einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht.
- Arbeitsgericht: Als letzter Schritt kann Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden. Eine vorherige Beratung hilft, Chancen und Risiken realistisch einzuschätzen.
Wichtig: Auch wenn Sie sich im Unternehmen nicht unbeliebt machen möchten – wer auf rechtmäßige Ansprüche verzichtet, verschenkt oft über Jahre hinweg bares Geld.
Häufige Missverständnisse – und was wirklich gilt
- „Ich arbeite nur ab und zu nachts – da habe ich doch keinen Anspruch?“ Doch! Auch unregelmäßige Nachtarbeit kann zuschlagspflichtig sein.
- „Mein Chef sagt, der Zuschlag ist freiwillig.“ Falsch – zumindest ein angemessener Ausgleich ist gesetzlich vorgeschrieben.
- „Ich bekomme ja Freizeitausgleich, da steht mir nichts weiter zu.“ Der Ausgleich muss angemessen sein – ein halber Tag frei für mehrere Nächte Dienst ist nicht immer ausreichend.
Fazit: Rechte kennen, Zuschläge sichern
Nachtarbeit ist mehr als nur verschobene Arbeitszeit – sie bringt gesundheitliche Belastungen und rechtliche Besonderheiten mit sich. Wer seine Rechte kennt, kann faire Ausgleiche einfordern und langfristig vorsorgen. Klären Sie bestehende Regelungen, prüfen Sie Fristen – und setzen Sie berechtigte Ansprüche durch.
Sie möchten Ihre individuelle Situation prüfen lassen? Dann nehmen Sie gerne Kontakt zu mir auf – ich unterstütze Sie mit fundierter arbeitsrechtlicher Beratung.



