Fehlverhalten, Diebstahl, Arbeitszeitbetrug, Beleididung, Verweigerung der Arbeitsleistung, Abmahnung, Verwarnung

Arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Fehlverhalten: Wann droht eine fristlose Kündigung?

Themen:

Ein Fehlverhalten im Job kann weitreichende Folgen haben – bis hin zur fristlosen Kündigung. Doch wann ist diese drastische Maßnahme rechtlich zulässig? In diesem Artikel erfahren Sie, welche Konsequenzen drohen, wie Sie sich im Ernstfall verhalten sollten und wie Sie sich vor einer Kündigung schützen können.

1. Was ist eine fristlose Kündigung – und wann ist sie zulässig?

Die fristlose Kündigung (auch außerordentliche Kündigung genannt) beendet das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung – ohne Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist. Sie ist nur in Ausnahmefällen zulässig, nämlich dann, wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann (§ 626 BGB).

Voraussetzungen:

  • Schwerwiegendes Fehlverhalten des Arbeitnehmers
  • Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung
  • Zwei-Wochen-Frist ab Kenntnis des Kündigungsgrundes
  • In der Regel: vorherige Abmahnung, es sei denn, das Verhalten ist so gravierend, dass eine Abmahnung entbehrlich ist

2. Typische Gründe für eine fristlose Kündigung

Nicht jedes Fehlverhalten rechtfertigt eine sofortige Kündigung. Die Gerichte prüfen streng, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Hier einige Beispiele, bei denen eine fristlose Kündigung in Betracht kommt:

  • Diebstahl oder Unterschlagung – auch bei geringwertigen Sachen (z. B. berühmter „Fall Emmely“)
  • Arbeitszeitbetrug, etwa durch falsches Ein- und Ausstempeln
  • Beleidigung oder Bedrohung von Vorgesetzten oder Kollegen
  • Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
  • Verweigerung der Arbeitsleistung ohne triftigen Grund
  • Wiederholte Verstöße gegen betriebliche Anweisungen trotz Abmahnung

Wichtig: Auch der Verdacht einer schweren Pflichtverletzung kann unter Umständen eine sogenannte Verdachtskündigung rechtfertigen – allerdings nur nach vorheriger Anhörung des Arbeitnehmers.

3. Abmahnung: Voraussetzung oder nicht?

In vielen Fällen ist eine Abmahnung zwingende Voraussetzung für eine fristlose Kündigung. Sie dient als „gelbe Karte“ und gibt dem Arbeitnehmer die Chance, sein Verhalten zu ändern. Nur wenn das Fehlverhalten so gravierend ist, dass das Vertrauensverhältnis irreparabel zerstört ist, kann auf eine Abmahnung verzichtet werden.

Beispiele ohne Abmahnung:

  • Tätliche Angriffe
  • Straftaten im Betrieb
  • Massive Beleidigungen

4. Hilfsweise ordentliche Kündigung – was bedeutet das?

Wird eine fristlose Kündigung ausgesprochen, erklären Arbeitgeber häufig hilfsweise eine ordentliche Kündigung „zum nächstmöglichen Termin“. Das bedeutet: Falls die fristlose Kündigung vor Gericht keinen Bestand hat, soll das Arbeitsverhältnis zumindest unter Einhaltung der regulären Kündigungsfrist beendet werden.

Wichtig zu wissen:

  • Diese Formulierung ist rechtlich zulässig und wurde vom Bundesarbeitsgericht mehrfach bestätigt.
  • Auch wenn kein konkretes Datum genannt wird, ist die Kündigung wirksam, sofern die Kündigungsfrist bestimmbar ist (z. B. aus dem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag).
  • Für Arbeitnehmer bedeutet das: Selbst wenn die fristlose Kündigung unwirksam ist, kann das Arbeitsverhältnis dennoch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung enden – nur eben zu einem späteren Zeitpunkt.

Tipp: In einer Kündigungsschutzklage sollte daher immer auch die hilfsweise Kündigung geprüft und ggf. angegriffen werden.

5. Häufige Missverständnisse und Irrtümer

  • „Einmal ist keinmal“ – Irrtum! Auch ein einmaliger Vorfall kann zur fristlosen Kündigung führen, wenn er schwer genug wiegt.
  • „Kleine Fehler sind harmlos“ – Nicht immer. In sicherheitsrelevanten Berufen (z. B. Pflege, Luftfahrt) können auch kleine Versäumnisse gravierende Folgen haben.
  • „Ohne Abmahnung geht nichts“ – Falsch. Bei besonders schweren Pflichtverletzungen ist eine Abmahnung entbehrlich.

6. Checkliste: So verhalten Sie sich nach einer fristlosen Kündigung

Eine fristlose Kündigung ist ein Schock – doch wer strukturiert vorgeht, kann seine Rechte wahren. Diese Checkliste hilft:

  1. Ruhe bewahren – Auch wenn es schwerfällt: Überstürzte Reaktionen schaden oft mehr als sie nützen.
  2. Kündigungsschreiben prüfen – Ist es schriftlich? Enthält es eine Begründung? Wer hat unterschrieben?
  3. Drei-Wochen-Frist notieren – Innerhalb dieser Zeit muss eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eingereicht werden (§ 4 KSchG).
  4. Arbeitsagentur informieren – Spätestens drei Tage nach Zugang der Kündigung arbeitslos melden, um Sperrzeiten beim ALG I zu vermeiden.
  5. Beweise sichern – E-Mails, Chatverläufe, Zeugen: Alles, was zur Klärung des Sachverhalts beitragen kann.
  6. Arbeitszeugnis anfordern – Auch bei fristloser Kündigung besteht Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis.
  7. Rechtsberatung einholen – Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann die Erfolgsaussichten einer Klage realistisch einschätzen.

7. Prävention: Wie Arbeitnehmer sich vor einer fristlosen Kündigung schützen können

Nicht jede fristlose Kündigung ist vorhersehbar – aber viele lassen sich vermeiden. Wer einige Grundregeln beachtet, reduziert das Risiko erheblich:

  • Vertragliche Pflichten kennen: Lesen Sie Ihren Arbeitsvertrag und ggf. geltende Betriebsvereinbarungen sorgfältig.
  • Kommunikation pflegen: Sprechen Sie Konflikte frühzeitig an – mit Kollegen, Vorgesetzten oder dem Betriebsrat.
  • Dokumentation: Halten Sie wichtige Vorgänge schriftlich fest, z. B. bei Meinungsverschiedenheiten oder Anweisungen.
  • Grenzen respektieren: Vermeiden Sie riskantes Verhalten – etwa eigenmächtige Urlaube, private Nutzung von Firmeneigentum oder unentschuldigtes Fehlen.
  • Feedback ernst nehmen: Eine Abmahnung ist ein Warnsignal – nehmen Sie sie nicht auf die leichte Schulter.

Fazit: Wer sich seiner Rechte und Pflichten bewusst ist, professionell kommuniziert und Konflikte nicht eskalieren lässt, kann vielen arbeitsrechtlichen Problemen vorbeugen.

Fazit

Die fristlose Kündigung ist das schärfste Schwert im Arbeitsrecht – und für Arbeitnehmer mit erheblichen Risiken verbunden. Wer seine Rechte kennt, kann sich besser schützen und im Ernstfall gezielt reagieren. Lassen Sie sich nicht verunsichern: Eine rechtliche Prüfung lohnt sich fast immer.

Sie haben eine Kündigung erhalten oder befürchten arbeitsrechtliche Konsequenzen? Dann nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf – ich unterstütze Sie kompetent und individuell.


Über die Autorin

Anja Jäger

Mein Name ist Anja Jäger. Meine rechtlichen Schwerpunkte liegen in den Rechtsgebieten Erbrecht sowie Verwaltungsrecht, in letzterem habe ich 2023 den Fachanwaltslehrgang erfolgreich absolviert (theor. Vor. Fachanwalt für Verwaltungsrecht). Darüber hinaus unterstütze ich Sie selbstverständlich in jeglichen weiteren Anliegen rechtlicher Natur. Überregional bin ich für Sie im Einsatz, um mit Ihnen gemeinsam Ihre rechtlichen Herausforderungen kompetent zu meistern.