Gesetzliche Erbfolge: Stiefkinder sind außen vor
Ein weitverbreitetes Missverständnis ist, dass Stiefkinder automatisch erbberechtigt seien, wenn sie lange mit dem Erblasser zusammengelebt haben. Das ist falsch.
Wichtig zu wissen: Nach deutschem Erbrecht sind nur leibliche und adoptierte Kinder gesetzliche Erben. Stiefkinder gehören nicht zur gesetzlichen Erbfolge – auch dann nicht, wenn sie jahrzehntelang wie eigene Kinder behandelt wurden.
Beispiel: Ein Mann stirbt und hinterlässt seine Ehefrau und ein Stiefkind aus ihrer früheren Beziehung. Ohne Testament erbt die Ehefrau 50 %, die andere Hälfte geht an die leiblichen Kinder des Mannes – das Stiefkind bekommt nichts.
Was passiert, wenn kein Testament existiert?
Wenn kein Testament vorliegt, greift die gesetzliche Erbfolge. Für Stiefkinder bedeutet das in aller Regel: Sie gehen leer aus. Selbst wenn sie über Jahre hinweg wie eigene Kinder behandelt wurden, sind sie rechtlich nicht erbberechtigt.
Typische Konstellation:
- Der Erblasser ist verheiratet und lebt mit einem Stiefkind zusammen.
- Es gibt keine leiblichen Kinder.
- Ohne Testament erbt die Ehefrau allein.
- Das Stiefkind erhält nichts, es wird nicht berücksichtigt.
Besonders kritisch: Wenn der Erblasser leibliche Kinder aus früheren Beziehungen hat, erben diese automatisch mit. Das kann zu Konflikten führen, insbesondere wenn das Stiefkind emotional oder finanziell stark eingebunden war.
Tipp: Ein Testament schafft Klarheit und verhindert, dass Menschen, die dem Erblasser nahestanden, unberücksichtigt bleiben.
Wann erben Stiefkinder doch? Drei Möglichkeiten
Damit Stiefkinder im Erbfall berücksichtigt werden, müssen rechtliche Vorkehrungen getroffen werden. Hier sind die drei gängigsten Wege:
1. Adoption des Stiefkindes
Die sicherste Lösung: Wird ein Stiefkind adoptiert, wird es rechtlich einem leiblichen Kind gleichgestellt – mit allen erbrechtlichen Konsequenzen.
Voraussetzungen:
- Notarielle Beurkundung
- Zustimmung des anderen leiblichen Elternteils (bei Minderjährigen)
- Zustimmung des Kindes ab bestimmtem Alter
Auch bei volljährigen Stiefkindern ist eine Adoption möglich (§ 1767 BGB), wenn ein echtes Eltern-Kind-Verhältnis besteht.
2. Testamentarische Verfügung
Ohne Adoption kann ein Stiefkind nur durch ein Testament oder einen Erbvertrag bedacht werden.
Möglichkeiten:
- Als Alleinerbe oder Miterbe einsetzen
- Vermächtnis (z. B. Geldbetrag, Immobilie)
- Nießbrauchsrechte oder Wohnrechte
Wichtig: Ein Testament muss handschriftlich verfasst und unterschrieben oder notariell beurkundet sein. Unklare Formulierungen führen oft zu Streit – professionelle Beratung ist hier ratsam.
3. Berücksichtigung im Berliner Testament
In vielen Ehen wird ein sogenanntes Berliner Testament aufgesetzt: Die Ehepartner setzen sich gegenseitig als Alleinerben ein, die Kinder erben erst nach dem Tod des Letztversterbenden.
Achtung: Auch hier gilt: Nur leibliche oder adoptierte Kinder sind automatisch Schlusserben. Möchte man ein Stiefkind berücksichtigen, muss es ausdrücklich im Testament genannt werden.
Steuerliche Aspekte bei der Erbschaft von Stiefkindern
Neben der rechtlichen Frage ist auch die steuerliche Behandlung von Erbschaften für Stiefkinder relevant – und oft überraschend ungünstig.
Steuerklasse und Freibeträge:
- Stiefkinder, die nicht adoptiert wurden, fallen in Steuerklasse III.
- Der Freibetrag beträgt nur 20.000 €.
- Der Steuersatz liegt je nach Höhe des Erbes zwischen 30 % und 50 %.
Zum Vergleich:
- Adoptierte Kinder gelten wie leibliche Kinder.
- Sie fallen in Steuerklasse I mit einem Freibetrag von 400.000 €.
- Der Steuersatz beginnt bei nur 7 %.
Beispielrechnung: Ein nicht adoptiertes Stiefkind erbt 100.000 €. Nach Abzug des Freibetrags bleiben 80.000 €, die mit mindestens 30 % versteuert werden – das sind 24.000 € Steuerlast.
Tipp: Wer sein Stiefkind steuerlich entlasten möchte, sollte über eine Adoption oder gezielte Schenkungen zu Lebzeiten nachdenken.
Häufige Irrtümer und Stolperfallen
- „Das regelt sich schon von selbst.“ – Nein, ohne Testament oder Adoption erbt das Stiefkind nichts.
- „Ich habe dem Kind doch alles vererbt.“ – Unklare Formulierungen führen oft zu Streit.
- „Ich schenke dem Kind einfach zu Lebzeiten etwas.“ – Schenkungen können im Erbfall angerechnet oder zurückgefordert werden.
Checkliste: So machen Sie es richtig
- Prüfen Sie, ob eine Adoption möglich und sinnvoll ist.
- Erstellen Sie ein Testament, wenn Sie ein Stiefkind bedenken möchten.
- Formulieren Sie klar und eindeutig, idealerweise mit juristischer Unterstützung.
- Beachten Sie Pflichtteilsansprüche anderer Erben.
- Berücksichtigen Sie steuerliche Auswirkungen.
- Bewahren Sie das Testament sicher auf.
Fazit
Stiefkinder sind ohne Adoption keine gesetzlichen Erben und steuerlich stark benachteiligt. Wer möchte, dass nicht leibliche Kinder im Erbfall berücksichtigt werden, muss aktiv vorsorgen. Ein Testament oder eine Adoption schafft Klarheit, schützt vor Streit und sichert den letzten Willen rechtssicher ab.
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