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Erbschaft bei Pflegekindern: Was gilt ohne Adoption?

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Pflegekinder wachsen oft wie eigene Kinder in Familien auf. Doch im Erbfall gelten andere Regeln: Ohne Adoption besteht kein gesetzliches Erbrecht. Dieser Artikel erklärt, worauf Sie achten müssen, wie Sie Pflegekinder absichern können – und welche Alternativen es gibt.

Gesetzliches Erbrecht: Ohne Adoption kein Anspruch

Pflegekinder sind rechtlich nicht mit den Pflegeeltern verwandt. Das bedeutet: Ohne eine Adoption besteht kein gesetzliches Erbrecht. Im Klartext: Stirbt ein Pflegeelternteil, ohne ein Testament zu hinterlassen, geht das Pflegekind leer aus. Stattdessen erben die gesetzlichen Erben – etwa leibliche Kinder, Ehepartner oder entfernte Verwandte.

Das sollten Sie wissen:

  • Pflegeverhältnisse begründen keine gesetzliche Erbfolge.
  • Auch langjährige Pflegeverhältnisse oder emotionale Bindungen ändern daran nichts.
  • Eine Ausnahme besteht nur bei einer rechtlich vollzogenen Adoption – dann wird das Pflegekind einem leiblichen Kind gleichgestellt.

Rechtliche Unterschiede: Pflegekind vs. Adoptivkind vs. Stiefkind

Um die erbrechtliche Lage besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die Unterschiede zwischen Pflegekindern, Adoptivkindern und Stiefkindern:

  • Pflegekind: Kein gesetzliches Erbrecht. Nur durch Testament oder Adoption kann eine erbrechtliche Stellung geschaffen werden.
  • Adoptivkind: Vollständig gleichgestellt mit leiblichen Kindern. Hat Anspruch auf gesetzliches Erbe und Pflichtteil.
  • Stiefkind: Ebenfalls kein gesetzliches Erbrecht gegenüber dem Stiefelternteil. Auch hier ist ein Testament notwendig, um das Kind zu berücksichtigen.

Fazit: Nur die Adoption schafft eine rechtlich gesicherte Erbenstellung. Pflege- und Stiefkinder müssen aktiv durch letztwillige Verfügung bedacht werden.

Testamentarische Regelung: So macht man es richtig

Wer sicherstellen möchte, dass ein Pflegekind im Erbfall berücksichtigt wird, muss dies aktiv regeln – durch ein Testament oder einen Erbvertrag. Dabei gibt es verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten:

Optionen zur testamentarischen Berücksichtigung:

  • Einsetzung als Erbe: Das Pflegekind wird als (Mit-)Erbe eingesetzt und erhält einen Anteil am Nachlass.
  • Vermächtnis: Das Pflegekind erhält einen bestimmten Gegenstand oder Geldbetrag, ohne Erbe zu werden.
  • Vor- und Nacherbschaft: Komplexere Regelungen, z. B. wenn das Pflegekind erst nach dem Tod des Ehepartners erben soll.

Best Practices:

  • Testament klar und eindeutig formulieren.
  • Pflegekind mit vollem Namen und Geburtsdatum benennen.
  • Testament handschriftlich verfassen oder notariell beurkunden.
  • Regelmäßig prüfen und ggf. aktualisieren.

Schenkungen zu Lebzeiten als Alternative

Da Pflegekinder steuerlich benachteiligt sind, kann eine frühzeitige Schenkung sinnvoller sein als eine testamentarische Regelung. Schenkungen bieten folgende Vorteile:

  • Freibeträge können alle zehn Jahre erneut genutzt werden.
  • Gestaltungsmöglichkeiten wie Nießbrauchvorbehalt sichern Pflegeeltern weiterhin Nutzung und Kontrolle.
  • Schenkungen sind oft steuerlich günstiger als Erbschaften, insbesondere bei größeren Vermögenswerten.

Tipp: Wer sein Pflegekind finanziell absichern möchte, sollte frühzeitig über Schenkungen nachdenken und sich steuerlich beraten lassen.

Pflichtteil: Kein Anspruch für Pflegekinder

Pflegekinder haben – anders als leibliche Kinder – keinen Pflichtteilsanspruch. Das bedeutet: Selbst wenn sie über Jahre hinweg wie eigene Kinder behandelt wurden, können sie im Streitfall keine Mindestbeteiligung am Erbe einklagen.

Häufiges Missverständnis: Viele Pflegeeltern glauben, ihr Pflegekind sei automatisch abgesichert. Das ist ein gefährlicher Irrtum. Ohne Testament oder Adoption besteht keinerlei Anspruch – auch nicht auf den Pflichtteil.

Was passiert, wenn mehrere Pflegekinder vorhanden sind?

Wenn mehrere Pflegekinder über die Jahre betreut wurden, stellt sich die Frage nach einer gerechten Verteilung. Dabei gilt:

  • Es gibt keine automatische Gleichbehandlung. Die Pflegeeltern entscheiden frei, ob und wie sie einzelne Pflegekinder bedenken.
  • Individuelle Zuwendungen sind möglich, etwa wenn ein Pflegekind besonders lange im Haushalt lebte oder intensive Pflegeleistungen erbracht hat.
  • Konflikte lassen sich vermeiden, wenn die testamentarischen Regelungen transparent und nachvollziehbar formuliert sind.

Tipp: Bei mehreren Pflegekindern empfiehlt sich eine Beratung zur Gestaltung des Testaments, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Steuerliche Aspekte: Was rentiert sich?

Pflegekinder gelten steuerlich als „fremde Dritte“. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Erbschaftssteuer:

Steuerklasse III:

  • Freibetrag: nur 20.000 €
  • Steuersatz: bis zu 30 %

Zum Vergleich: Leibliche Kinder (Steuerklasse I) haben einen Freibetrag von 400.000 € und deutlich niedrigere Steuersätze.

Tipp: Wer größere Vermögenswerte übertragen möchte, sollte frühzeitig über Schenkungen nachdenken oder eine Adoption prüfen – beides kann steuerlich günstiger sein.

Fazit:

Pflegekinder verdienen Anerkennung – auch im Erbfall. Doch ohne klare Regelung bleiben sie rechtlich außen vor. Wer möchte, dass ein Pflegekind erbt, muss aktiv werden: durch ein Testament, durch Schenkungen oder durch eine Adoption. Nur so lässt sich sicherstellen, dass persönliche Bindung auch rechtlich gewürdigt wird.

Checkliste für Pflegeeltern:

  • Besteht ein Testament? Ist das Pflegekind darin berücksichtigt?
  • Ist das Testament eindeutig formuliert?
  • Wurde die steuerliche Belastung bedacht?
  • Wurde über eine Schenkung oder Adoption nachgedacht?
  • Gibt es mehrere Pflegekinder – ist die Verteilung klar geregelt?

Wenn Sie unsicher sind, wie Sie Ihr Pflegekind rechtlich und steuerlich optimal absichern können, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf. Ich berate Sie individuell und verständlich – damit Ihre Wünsche auch rechtlich Bestand haben.


Über die Autorin

Anja Jäger

Mein Name ist Anja Jäger. Meine rechtlichen Schwerpunkte liegen in den Rechtsgebieten Erbrecht sowie Verwaltungsrecht, in letzterem habe ich 2023 den Fachanwaltslehrgang erfolgreich absolviert (theor. Vor. Fachanwalt für Verwaltungsrecht). Darüber hinaus unterstütze ich Sie selbstverständlich in jeglichen weiteren Anliegen rechtlicher Natur. Überregional bin ich für Sie im Einsatz, um mit Ihnen gemeinsam Ihre rechtlichen Herausforderungen kompetent zu meistern.