Was ist Schmerzensgeld überhaupt?
Schmerzensgeld ist ein Ausgleich für immaterielle Schäden – also für Schmerzen, Leid und Beeinträchtigungen, die nicht in Geld messbar sind. Es soll Genugtuung verschaffen und die erlittene Lebensbeeinträchtigung zumindest teilweise kompensieren. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 253 Abs. 2 BGB.
Wann habe ich Anspruch auf Schmerzensgeld?
Ein Anspruch auf Schmerzensgeld besteht, wenn:
- ein ärztlicher Behandlungsfehler (Kunstfehler) vorliegt,
- dieser Fehler zu einem Gesundheitsschaden geführt hat,
- und ein Verschulden des Arztes oder der Klinik nachgewiesen werden kann.
Typische Beispiele für Behandlungsfehler:
- falsche oder verspätete Diagnosen,
- fehlerhafte Operationen,
- unterlassene Aufklärung über Risiken,
- Hygienemängel mit Infektionsfolgen.
Wichtig: Auch bei sogenannten „groben Behandlungsfehlern“ kann sich die Beweislast umkehren – dann muss der Arzt nachweisen, dass sein Handeln nicht ursächlich für den Schaden war.
Wie läuft ein Schmerzensgeldverfahren ab? – Schritt-für-Schritt-Erklärung
Viele Betroffene sind unsicher, wie sie ihre Ansprüche überhaupt geltend machen können. Ein Schmerzensgeldverfahren folgt in der Regel diesen Schritten:
- Erste rechtliche Einschätzung Ein Fachanwalt prüft, ob ein Behandlungsfehler vorliegt und ob ein Anspruch realistisch durchsetzbar ist.
- Sicherung von Beweisen Dazu gehören die Patientenakte, ein Gedächtnisprotokoll, Fotos von Verletzungen und ggf. Zeugenaussagen.
- Medizinisches Gutachten Ein unabhängiger Sachverständiger beurteilt, ob ein Fehler vorliegt und ob dieser den Schaden verursacht hat.
- Außergerichtliche Geltendmachung Der Anspruch wird gegenüber dem Arzt oder dessen Haftpflichtversicherung schriftlich geltend gemacht. Oft kommt es zu Vergleichsverhandlungen.
- Gerichtliches Verfahren (falls nötig) Kommt keine Einigung zustande, wird Klage erhoben. Das Gericht entscheidet auf Basis von Gutachten und Zeugenaussagen.
- Urteil oder Vergleich Am Ende steht entweder ein Urteil mit festgelegtem Schmerzensgeld oder ein außergerichtlicher Vergleich.
Tipp: Viele Verfahren enden außergerichtlich – mit einem Vergleich, der Zeit und Kosten spart.
Wieviel Schmerzensgeld steht mir zu?
Es gibt keine festen Tabellen oder Pauschalen. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Schwere und Dauer der Verletzung
- Dauer der Behandlung und Rehabilitationszeit
- Beeinträchtigung im Alltag und Beruf
- Psychische Belastung
- Grad des Verschuldens
Orientierung: Was ist üblich?
Zur Orientierung dienen sogenannte Schmerzensgeldtabellen, in denen frühere Urteile gesammelt sind. Einige Beispiele:
- 5.000 bis 10.000 Euro: bei kleineren OP-Fehlern mit vorübergehenden Beschwerden.
- 20.000 bis 50.000 Euro: bei bleibenden Schäden, z. B. Nervenschäden oder dauerhaften Bewegungseinschränkungen.
- über 100.000 Euro: bei schweren Dauerschäden, z. B. Querschnittslähmung, Verlust von Organen oder schweren Hirnschäden.
Diese Beträge sind jedoch immer Einzelfallentscheidungen – kein Fall ist wie der andere.
Verjährung: Wann ist es zu spät?
Ein häufiger Stolperstein ist die Verjährung. Wer zu lange wartet, verliert seinen Anspruch – selbst wenn der Fehler eindeutig ist.
- Regelmäßige Verjährungsfrist: Drei Jahre ab dem Zeitpunkt, an dem Sie von Schaden und Verursacher Kenntnis erlangt haben (§ 195 BGB).
- Beginn der Frist: In der Regel mit Ende des Jahres, in dem Sie den Fehler bemerkt haben.
- Hemmung der Verjährung: Wenn z. B. ein medizinisches Gutachten eingeholt oder Vergleichsverhandlungen geführt werden, kann die Frist gehemmt werden (§ 203 BGB).
- Sonderregelungen: Bei Kindern beginnt die Frist erst mit Volljährigkeit. Bei arglistigem Verschweigen kann sie sich verlängern.
Tipp: Lassen Sie die Frist frühzeitig prüfen – eine verpasste Verjährung kann nicht rückgängig gemacht werden.
Checkliste: Was tun bei Verdacht auf Behandlungsfehler?
- Patientenakte anfordern
- Gedächtnisprotokoll schreiben
- Zweitmeinung einholen
- Beweise sichern
- Rechtliche Einschätzung einholen
Häufige Missverständnisse
- „Ich habe automatisch Anspruch auf Schmerzensgeld.“ – Nein, es muss ein nachweisbarer Fehler und ein Schaden vorliegen.
- „Die Krankenkasse kümmert sich darum.“ – Falsch, sie reguliert nur Behandlungskosten.
- „Ich kann mir keinen Anwalt leisten.“ – Rechtsschutzversicherung oder Prozesskostenhilfe können helfen.
Fazit
Ein ärztlicher Fehler kann Ihr Leben nachhaltig verändern. Doch Sie haben Rechte – und sollten sie kennen und nutzen. Wer frühzeitig handelt, Beweise sichert und sich rechtlich beraten lässt, erhöht seine Chancen auf eine gerechte Entschädigung deutlich. Lassen Sie sich nicht verunsichern: Eine fundierte Einschätzung bringt Klarheit und Sicherheit.
Wenn Sie den Verdacht haben, Opfer eines Behandlungsfehlers geworden zu sein, nehmen Sie gerne Kontakt auf. Ich unterstütze Sie dabei, Ihre Ansprüche zu prüfen und durchzusetzen – verständlich, kompetent und individuell.



