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Pflegekraft im Verdacht: Wie Sie sich gegen Falschbehauptungen von Patienten wehren können

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Pflegekräfte geraten zunehmend in den Fokus unbegründeter Vorwürfe durch Patienten. Ob aus Missverständnissen oder gezielter Täuschung – falsche Anschuldigungen können existenzbedrohend sein. Dieser Artikel zeigt, wie Sie sich rechtlich schützen, Fehler vermeiden und im Ernstfall richtig reagieren.

Was tun, wenn ein Patient falsche Vorwürfe erhebt?

Der erste Impuls ist oft Schock oder Wut. Doch gerade in solchen Situationen ist besonnenes Handeln entscheidend. Falschbehauptungen können aus Missverständnissen, psychischen Erkrankungen oder gezielten Manipulationsversuchen entstehen. Wichtig ist, dass Sie Ihre Rechte kennen und sich aktiv schützen.

Sofortmaßnahmen bei Verdacht:

  • Ruhe bewahren: Vermeiden Sie emotionale Reaktionen oder Schuldzuweisungen.
  • Dokumentation prüfen: Kontrollieren Sie Ihre Pflegedokumentation auf Vollständigkeit und Genauigkeit.
  • Vorgesetzte informieren: Melden Sie den Vorfall umgehend Ihrer Stationsleitung oder dem Arbeitgeber.
  • Zeugen sichern: Falls Kollegen anwesend waren, bitten Sie sie um eine schriftliche Stellungnahme.
  • Keine vorschnellen Aussagen: Geben Sie keine Stellungnahme ab, bevor Sie sich rechtlich beraten haben.

Arbeitsrechtliche Folgen: Muss ich mit einer Kündigung rechnen?

Ein Vorwurf durch einen Patienten kann auch arbeitsrechtlich heikel werden – insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber eine sogenannte Verdachtskündigung ausspricht. Dabei handelt es sich um eine Kündigung, die nicht auf bewiesenes Fehlverhalten, sondern auf den bloßen Verdacht gestützt wird.

Das sollten Sie wissen:

  • Verdachtskündigung ist rechtlich möglich, aber nur unter engen Voraussetzungen: Der Arbeitgeber muss den Verdacht konkret begründen und eine umfassende Interessenabwägung vornehmen.
  • Anhörung ist Pflicht: Vor einer Kündigung muss Ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Nutzen Sie diese nur mit juristischer Unterstützung.
  • Betriebsrat muss beteiligt werden: In Betrieben mit Betriebsrat ist dessen Anhörung zwingend erforderlich.
  • Kündigungsschutzklage kann sich lohnen: Wenn Sie sich gegen die Kündigung wehren möchten, müssen Sie innerhalb von drei Wochen Klage beim Arbeitsgericht einreichen.
  • Abmahnung statt Kündigung?: In vielen Fällen ist eine Abmahnung das mildere Mittel – insbesondere bei erstmaligen Vorwürfen ohne klare Beweise.

Best Practice:

  • Lassen Sie sich bei drohender Kündigung sofort anwaltlich beraten.
  • Dokumentieren Sie Ihre Arbeitsweise und Kommunikation mit Patienten regelmäßig.
  • Fordern Sie Akteneinsicht, wenn interne Ermittlungen gegen Sie laufen.

Häufige Missverständnisse und rechtliche Klarstellungen

Viele Pflegekräfte glauben, dass sie bei einem Vorwurf automatisch mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen oder einer Anzeige rechnen müssen. Das stimmt so nicht.

  • Unschuldsvermutung gilt auch für Pflegekräfte.
  • Pflegedokumentation ist Ihr wichtigstes Schutzinstrument.
  • Psychische Erkrankungen des Patienten können die Glaubwürdigkeit beeinflussen.
  • Kündigung wegen Verdachts ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig.

Strafrechtliche Aspekte: Wann wird es ernst?

Wenn der Vorwurf eine Körperverletzung, unterlassene Hilfeleistung oder Medikamentenmissbrauch betrifft, kann die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnehmen. In solchen Fällen ist anwaltlicher Beistand unerlässlich.

  • Keine Aussage ohne rechtliche Beratung.
  • Akteneinsicht beantragen.
  • Gegenanzeige prüfen.
  • Verfahrenseinstellung anstreben.

Checkliste: Ihr Schutz vor Falschbehauptungen

  • Tägliche, lückenlose Pflegedokumentation
  • Klare Kommunikation mit Patienten und Angehörigen
  • Schulungen zur Deeskalation und Gesprächsführung
  • Kenntnis der internen Meldewege bei Konflikten
  • Rechtsschutzversicherung prüfen oder abschließen

Fazit

Falschbehauptungen sind für Pflegekräfte eine ernstzunehmende Belastung – rechtlich, emotional und beruflich. Doch wer dokumentiert, informiert und sich beraten lässt, kann sich wirksam verteidigen. Lassen Sie sich nicht einschüchtern: Ihre Arbeit verdient Respekt und rechtlichen Rückhalt.

Wenn Sie selbst betroffen sind oder sich unsicher fühlen, wie Sie sich im Fall eines Vorwurfs verhalten sollen, stehe ich Ihnen gerne für eine individuelle Beratung zur Seite. Gemeinsam klären wir Ihre rechtliche Situation und entwickeln eine Strategie, wie Sie sich bestmöglich schützen können.


Über die Autorin

Anja Jäger

Mein Name ist Anja Jäger. Meine rechtlichen Schwerpunkte liegen in den Rechtsgebieten Erbrecht sowie Verwaltungsrecht, in letzterem habe ich 2023 den Fachanwaltslehrgang erfolgreich absolviert (theor. Vor. Fachanwalt für Verwaltungsrecht). Darüber hinaus unterstütze ich Sie selbstverständlich in jeglichen weiteren Anliegen rechtlicher Natur. Überregional bin ich für Sie im Einsatz, um mit Ihnen gemeinsam Ihre rechtlichen Herausforderungen kompetent zu meistern.