Was bedeutet „fahrlässige Körperverletzung“ im Pflegekontext?
Fahrlässige Körperverletzung liegt vor, wenn eine Person durch eine Pflichtverletzung oder Unachtsamkeit einem anderen körperlichen Schaden zufügt – ohne Vorsatz. Im Pflegebereich kann das etwa passieren durch:
- Fehlmedikation (z. B. falsche Dosierung oder falsches Medikament),
- unterlassene Hilfeleistung (z. B. Nichtbeachtung von Sturzgefahr),
- unsachgemäße Lagerung (z. B. Druckgeschwüre durch falsche Positionierung),
- mangelhafte Hygiene (z. B. Infektionen durch unsauberes Arbeiten).
Wichtig: Es geht nicht um vorsätzliche Gewalt, sondern um Fehler, die vermeidbar gewesen wären – und dennoch zu gesundheitlichen Schäden führen.
Pflichten von Pflegeeinrichtungen und Pflegekräften
Pflegekräfte und Einrichtungen unterliegen einer Vielzahl gesetzlicher und berufsrechtlicher Pflichten. Dazu zählen:
- Sorgfaltspflicht: Jede pflegerische Handlung muss fachgerecht und mit der gebotenen Umsicht erfolgen.
- Dokumentationspflicht: Alle relevanten Maßnahmen und Beobachtungen müssen nachvollziehbar dokumentiert werden.
- Fortbildungspflicht: Pflegekräfte müssen sich regelmäßig weiterbilden, um fachlich auf dem aktuellen Stand zu bleiben.
- Organisationspflicht der Einrichtung: Die Pflegeeinrichtung muss für ausreichendes Personal, klare Abläufe und funktionierende Kommunikation sorgen.
Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann nicht nur zivilrechtliche und strafrechtliche Folgen haben, sondern auch berufsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Worauf muss ich achten, wenn ein Pflegefehler passiert ist?
Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Pflegefehler zu einer Körperverletzung geführt hat, sollten Sie umgehend handeln. Folgende Schritte sind empfehlenswert:
- Dokumentation des Vorfalls
- Ärztliche Untersuchung
- Gespräch mit der Pflegeeinrichtung
- Anzeige erstatten
- Rechtliche Beratung einholen
Checkliste für Angehörige: So erkennen Sie Pflegefehler
Pflegefehler sind nicht immer offensichtlich. Diese Warnzeichen sollten Angehörige aufmerksam machen:
- Unerklärliche Verletzungen oder blaue Flecken
- Häufige Krankenhausaufenthalte ohne klare Ursache
- Widersprüche oder Lücken in der Pflegedokumentation
- Verändertes Verhalten des Pflegebedürftigen (z. B. Rückzug, Angst, Schmerzen)
- Auffällige Hygienemängel oder Vernachlässigung
Tipp: Lassen Sie sich regelmäßig die Pflegedokumentation zeigen und sprechen Sie mit dem Pflegepersonal über Auffälligkeiten.
Was passiert nach einer Anzeige?
Wird eine Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung gestellt, prüft die Staatsanwaltschaft zunächst, ob ein Anfangsverdacht besteht. Der Ablauf sieht typischerweise so aus:
- Einleitung eines Ermittlungsverfahrens
- Befragung der Beteiligten (Pflegekraft, Angehörige, ggf. Zeugen)
- Einholung medizinischer Gutachten zur Klärung der Ursache
- Entscheidung über Einstellung oder Anklage
Wird Anklage erhoben, kann es zu einem Strafverfahren kommen. In vielen Fällen wird das Verfahren jedoch eingestellt – etwa mangels Beweisen oder bei geringer Schuld. Dennoch kann die Anzeige ein wichtiges Signal setzen und zur Aufklärung beitragen.
Zivilrechtliche Ansprüche: Schmerzensgeld und Schadensersatz
Neben dem Strafrecht können Betroffene auch zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. Dazu zählen:
- Schmerzensgeld: Für erlittene Schmerzen, psychische Belastung und Beeinträchtigungen.
- Schadensersatz: Für entstandene Kosten, z. B. zusätzliche medizinische Behandlungen, Pflegehilfsmittel oder Verdienstausfall.
Die Höhe der Ansprüche hängt vom Einzelfall ab – insbesondere vom Ausmaß der Verletzung, der Dauer der Beeinträchtigung und der Schwere des Fehlers. Wichtig ist eine gute Beweislage: ärztliche Gutachten, Fotos, Dokumentation und Zeugenaussagen sind entscheidend.
Fazit
Pflegefehler dürfen nicht bagatellisiert werden. Wer den Verdacht auf fahrlässige Körperverletzung hat, sollte nicht zögern, den Vorfall zu dokumentieren, medizinisch prüfen zu lassen und rechtlich zu bewerten. So schützen Sie nicht nur Ihre Angehörigen, sondern stärken auch die Qualität der Pflege insgesamt.
Wenn Sie unsicher sind, ob ein Pflegefehler rechtliche Konsequenzen haben könnte, oder Unterstützung bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche benötigen, nehmen Sie gerne Kontakt zu mir auf. Ich berate Sie individuell und verständlich – damit Sie wissen, was sich rechtlich für Sie rentiert.



