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Vom Vermieter rausgeworfen: Eigenbedarfskündigung abwenden

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Eine Kündigung wegen Eigenbedarf trifft Mieter oft unerwartet und sorgt für Verunsicherung. Doch nicht jede Kündigung ist rechtmäßig. Wer seine Rechte kennt und richtig reagiert, kann sich erfolgreich wehren – und im Zweifel sogar bleiben.

Was bedeutet „Eigenbedarf“ überhaupt?

Der Vermieter darf kündigen, wenn er die Wohnung für sich selbst, nahe Angehörige oder Haushaltsangehörige benötigt. Dazu zählen z. B.:

  • Verwandte gerader Linie: Kinder, Eltern, Großeltern, Enkel
  • Verwandte in der Seitenlinie bis zum 3. Grad: Geschwister, Neffen & Nichten, Tanten & Onkel (nicht aber Cousins und Cousinen, siehe Urteil vom 10. Juli 2024 Az. VIII ZR 276/23)
  • Verschwägerte bis zum 2. Grad: Schwiegerkinder, Schwiegereltern, Schwager & Schwägerin (nicht aber „Schwippschwager“)
  • Ehepartner oder Lebensgefährte (selbst nach Trennung oder Scheidung)
  • Pflegepersonal, wenn es im Haushalt lebt

Aber: Der Vermieter muss nachvollziehbar und konkret darlegen, warum gerade diese Wohnung gebraucht wird. Allgemeine Aussagen wie „Meine Tochter zieht nach München“ reichen nicht aus – es muss klar sein, warum genau Ihre Wohnung benötigt wird.

Ungültige Gründe für eine Eigenbedarfskündigung

Nicht jeder Wunsch des Vermieters rechtfertigt eine Kündigung. Häufig werden Gründe genannt, die rechtlich nicht zulässig sind:

  • Vage Zukunftspläne: „Ich möchte die Wohnung irgendwann selbst nutzen“ reicht nicht aus.
  • Vermietung an Dritte: Eigenbedarf liegt nur vor, wenn der Vermieter oder ein naher Angehöriger selbst einzieht – nicht bei Weitervermietung.
  • Finanzielle Interessen: Eine Kündigung, um die Wohnung teurer zu vermieten oder zu verkaufen, ist kein Eigenbedarf.
  • Berufliche Nutzung: Die Wohnung als Büro zu nutzen, ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig.

Mieter sollten solche Gründe kritisch hinterfragen und gegebenenfalls rechtlich prüfen lassen.

Häufige Fehler bei Eigenbedarfskündigungen

Viele Kündigungen scheitern an formalen oder inhaltlichen Mängeln. Achten Sie auf folgende Punkte:

  • Keine ordentliche Begründung: Der Vermieter muss den Eigenbedarf konkret und nachvollziehbar begründen.
  • Kein berechtigtes Interesse: Wenn der Vermieter mehrere Wohnungen besitzt, muss er erklären, warum gerade Ihre Wohnung infrage kommt.
  • Missbrauch des Eigenbedarfs: Wenn der Vermieter die Wohnung später doch nicht selbst nutzt oder sie weitervermietet, kann das ein Indiz für vorgeschobenen Eigenbedarf sein.
  • Formfehler: Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und die gesetzlichen Fristen einhalten.

Eigenbedarfskündigung nach Eigentümerwechsel

Besonders heikel wird es, wenn die Wohnung gerade erst verkauft wurde. Viele neue Eigentümer kündigen kurz nach dem Kauf wegen Eigenbedarf – doch hier gelten besondere Regeln:

  • Sperrfrist bei Umwandlung: Wurde die Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt, gilt eine Sperrfrist von drei Jahren, in manchen Städten sogar bis zu zehn Jahren.
  • Kündigungsschutz: Mieter genießen besonderen Schutz, wenn sie bereits lange in der Wohnung leben oder besondere soziale Umstände vorliegen.
  • Vertrauensschutz: Wer beim Kauf versichert, nicht kündigen zu wollen, kann sich später nicht einfach auf Eigenbedarf berufen.

Mieter sollten bei einem Eigentümerwechsel besonders wachsam sein und die Kündigung genau prüfen lassen.

So wehren Sie sich richtig – Ihre Checkliste

  1. Kündigung prüfen lassen Lassen Sie die Kündigung durch einen Anwalt oder Mieterverein prüfen. Schon kleine Fehler können die Kündigung unwirksam machen.
  2. Widerspruch einlegen Sie können der Kündigung widersprechen, wenn sie unzumutbar ist – z. B. bei hohem Alter, Krankheit oder langer Wohndauer. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und spätestens zwei Monate vor Auszugstermin beim Vermieter sein.
  3. Härtefall geltend machen Ein Härtefall kann die Kündigung verhindern. Beispiele:
    • Schwerwiegende gesundheitliche Probleme
    • Schwangerschaft
    • Schulpflichtige Kinder mit Schulwechselproblemen
    • Kein bezahlbarer Ersatzwohnraum
  4. Beweise sichern Dokumentieren Sie alles: Schriftverkehr, Aussagen des Vermieters, Zeugen. Falls es zum Prozess kommt, sind diese Unterlagen entscheidend.
  5. Fristen beachten Die Kündigungsfrist richtet sich nach der Wohndauer:
    • Bis 5 Jahre: 3 Monate
    • 5–8 Jahre: 6 Monate
    • Über 8 Jahre: 9 Monate

Was tun, wenn der Vermieter die Wohnung gar nicht selbst nutzt?

Ein besonders ärgerlicher Fall: Der Vermieter kündigt wegen Eigenbedarf – zieht aber gar nicht ein. Stattdessen wird die Wohnung leerstehend gelassen oder weitervermietet. In solchen Fällen können Mieter rechtlich gegen die Kündigung vorgehen.

Mögliche Schritte:

  • Rückabwicklung: Wenn sich herausstellt, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben war, kann die Kündigung rückwirkend für unwirksam erklärt werden.
  • Schadensersatz: Mieter können Ersatz für Umzugskosten, Maklergebühren und höhere Mieten verlangen.
  • Beweislast: Der Mieter muss nachweisen, dass der Vermieter die Wohnung nicht wie angekündigt nutzt – z. B. durch Nachbarn, Fotos oder öffentliche Register.

Gerichte werten solche Fälle streng. Wer nachweislich getäuscht wurde, hat gute Chancen auf Entschädigung.

Fazit

Eigenbedarfskündigungen sind kein Freibrief für Vermieter. Mieter haben starke Rechte – besonders bei formalen Fehlern, unzulässigen Gründen oder einem Eigentümerwechsel. Wer die Kündigung kritisch prüft und rechtzeitig handelt, kann sich erfolgreich wehren und oft sogar bleiben.

Wenn Sie eine Eigenbedarfskündigung erhalten haben und unsicher sind, wie Sie reagieren sollen, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf. Ich prüfe Ihre Situation individuell und unterstütze Sie dabei, Ihre Rechte zu wahren.


Über die Autorin

Anja Jäger

Mein Name ist Anja Jäger. Meine rechtlichen Schwerpunkte liegen in den Rechtsgebieten Erbrecht sowie Verwaltungsrecht, in letzterem habe ich 2023 den Fachanwaltslehrgang erfolgreich absolviert (theor. Vor. Fachanwalt für Verwaltungsrecht). Darüber hinaus unterstütze ich Sie selbstverständlich in jeglichen weiteren Anliegen rechtlicher Natur. Überregional bin ich für Sie im Einsatz, um mit Ihnen gemeinsam Ihre rechtlichen Herausforderungen kompetent zu meistern.