Schulunfall: Was ist das überhaupt?
Ein Schulunfall ist jede körperliche Verletzung, die sich während schulischer Veranstaltungen ereignet – also im Unterricht, auf dem Pausenhof, bei Klassenfahrten oder auf dem Schulweg. Wichtig: Nicht jeder Unfall führt automatisch zu einer Haftung der Schule. Entscheidend ist, ob eine Pflichtverletzung vorliegt.
Wann haftet die Schule?
Die Schule kann zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie ihre sogenannte „Aufsichtspflicht“ verletzt hat. Lehrer und Betreuungspersonal sind verpflichtet, Kinder vor Gefahren zu schützen – im Rahmen des Zumutbaren. Eine Haftung kommt insbesondere in folgenden Fällen in Betracht:
- Unzureichende Aufsicht: Wenn Kinder unbeaufsichtigt gefährliche Spiele spielen oder sich prügeln.
- Fehlende Sicherheitsvorkehrungen: Zum Beispiel bei defekten Spielgeräten oder rutschigen Treppen.
- Versäumnisse bei der Erste Hilfe: Wenn nach einem Unfall nicht angemessen reagiert wird.
Die Schule haftet in der Regel über das jeweilige Bundesland als Träger der Einrichtung. Ansprüche richten sich also gegen das Land – nicht gegen einzelne Lehrer.
Rechtslage bei Mitschuld des Kindes oder anderer Schüler
Nicht selten stellt sich die Frage, ob das verletzte Kind selbst eine Mitschuld trägt – etwa durch riskantes Verhalten – oder ob andere Schüler den Unfall verursacht haben. Juristisch relevant ist hier das Prinzip des Mitverschuldens (§ 254 BGB).
- Eigenes Fehlverhalten: Je nach Alter und Reifegrad kann einem Kind ein Mitverschulden angerechnet werden. Bei jüngeren Kindern (unter 7 Jahren) ist dies ausgeschlossen, da sie rechtlich nicht deliktsfähig sind.
- Verursachung durch Mitschüler: Hat ein anderes Kind den Unfall verschuldet, kann dessen Haftpflichtversicherung in Anspruch genommen werden – vorausgesetzt, das Kind ist deliktsfähig (ab 7 Jahren) und hat fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt.
- Haftung der Eltern: Nur bei Verletzung der eigenen Aufsichtspflicht – was in der Schule selten der Fall ist.
Ein Beispiel: Wenn ein 10-jähriger Schüler einem anderen absichtlich ein Bein stellt und dieser sich verletzt, kann ein Anspruch gegen die Haftpflichtversicherung der Eltern bestehen.
Was tun nach einem Schulunfall?
Damit Sie Ihre Rechte wahren, sollten Sie systematisch vorgehen. Hier eine Checkliste:
1. Unfall dokumentieren:
- Wer war beteiligt?
- Wann und wo ist der Unfall passiert?
- Gab es Zeugen?
- Fotos von Verletzungen oder Unfallort machen.
2. Arzt aufsuchen:
- Lassen Sie die Verletzung medizinisch dokumentieren.
- Bewahren Sie Atteste und Rechnungen auf.
3. Schule informieren:
- Fordern Sie eine schriftliche Stellungnahme zum Unfallhergang.
- Fragen Sie nach dem internen Unfallbericht.
4. Unfallversicherung einschalten:
- Schulunfälle sind über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert (Träger: Unfallkasse oder Berufsgenossenschaft).
- Melden Sie den Unfall dort – meist übernimmt das die Schule, aber kontrollieren Sie das.
5. Rechtliche Prüfung:
- Lassen Sie klären, ob zusätzlich Schadensersatz oder Schmerzensgeld geltend gemacht werden kann – etwa bei grober Fahrlässigkeit.
Schmerzensgeld: Wann steht es meinem Kind zu?
Die gesetzliche Unfallversicherung übernimmt zwar Behandlungskosten, zahlt aber kein Schmerzensgeld. Dieses kann nur zivilrechtlich geltend gemacht werden – etwa gegenüber dem Schulträger oder einem Mitschüler. Voraussetzungen sind:
- Pflichtverletzung oder vorsätzliches Verhalten
- Nachweis eines körperlichen oder seelischen Schadens
- Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden
Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von der Schwere der Verletzung ab. Beispiele aus der Rechtsprechung zeigen:
- Prellungen oder leichte Schnittwunden: geringe Beträge (100–500 €)
- Knochenbrüche, bleibende Narben oder psychische Traumatisierung: mehrere Tausend Euro möglich
Eine außergerichtliche Einigung ist oft sinnvoll, aber nicht immer möglich. Dann bleibt nur der Klageweg.
Was tun, wenn die Schule nicht reagiert?
In der Praxis kommt es vor, dass Schulen ausweichend oder gar nicht reagieren – etwa bei der Herausgabe von Unfallberichten oder Stellungnahmen. In solchen Fällen gilt:
- Hartnäckig bleiben: Fordern Sie schriftlich Auskunft und setzen Sie Fristen.
- Akteneinsicht verlangen: Als Eltern haben Sie ein berechtigtes Interesse an der Aufklärung.
- Schulaufsicht einschalten: Bei beharrlicher Verweigerung können Sie sich an die zuständige Schulbehörde oder das Kultusministerium wenden.
- Rechtliche Schritte prüfen: Ein Anwalt kann helfen, Auskunftsansprüche durchzusetzen oder Schadensersatz geltend zu machen.
Häufige Missverständnisse
„Die Schule zahlt sowieso nicht.“ Falsch. Wenn eine Pflichtverletzung vorliegt, haftet das Land als Träger der Schule. Die Durchsetzung ist jedoch oft komplex und erfordert rechtliche Prüfung.
„Die gesetzliche Unfallversicherung reicht aus.“ Nicht immer. Sie übernimmt zwar Heilbehandlungskosten, aber kein Schmerzensgeld oder Ersatz für Verdienstausfall der Eltern. Hier kann ein zivilrechtlicher Anspruch sinnvoll sein.
„Ich muss sofort klagen.“ Nicht zwingend. Oft lassen sich Ansprüche außergerichtlich klären – etwa durch ein Schreiben an das zuständige Ministerium oder die Unfallkasse.
Fazit
Ein Schulunfall ist nicht nur medizinisch, sondern auch rechtlich ein sensibles Thema. Eltern sollten wissen, dass sie nicht machtlos sind. Wer strukturiert vorgeht, Fristen beachtet und die richtigen Stellen kontaktiert, kann berechtigte Ansprüche durchsetzen – sei es über die Unfallkasse oder zivilrechtlich gegenüber dem Schulträger. Besonders bei schweren Verletzungen lohnt sich eine rechtliche Prüfung.
Wenn Sie unsicher sind, ob und wie Sie die Schule zur Verantwortung ziehen können, unterstütze ich Sie gerne bei der Prüfung und Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Kontaktieren Sie mich für eine individuelle Beratung – gemeinsam sorgen wir dafür, dass Ihre Rechte gewahrt bleiben.



