Die gesetzliche Erbfolge: Wer erbt ohne Testament?
Wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt, greift die gesetzliche Erbfolge nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Sie basiert auf dem sogenannten Ordnungsprinzip:
Erben erster Ordnung:
- Kinder des Verstorbenen (auch adoptierte Kinder)
- Enkelkinder (wenn das Kind des Verstorbenen bereits verstorben ist)
Erben zweiter Ordnung:
- Eltern des Verstorbenen
- Geschwister, Nichten und Neffen (wenn die Eltern bereits verstorben sind)
Erben dritter Ordnung:
- Großeltern
- Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen
Wichtig: Eine höhere Ordnung schließt die niedrigere aus. Leben also Kinder, erben die Eltern nichts.
Der Ehegatte: Sonderstellung im Erbrecht
Der Ehepartner hat eine besondere Stellung. Neben Verwandten erster Ordnung erhält der Ehegatte:
- ¼ (Höhe des gsetzlichen Erbteils)
- zusätzlich ¼ als pauschalen Zugewinnausgleich (bei Zugewinngemeinschaft)
- insgesamt also 1/2 des Nachlasses
Bei Gütertrennung oder Gütergemeinschaft gelten andere Regeln – hier lohnt sich eine individuelle Beratung.
Neben Verwandten zweiter Ordnung:
- 1/2 (Höhe des gesetzlichen Erbteils)
- zusätzlich ¼ als pauschalen Zugewinnausgleich (bei Zugewinngemeinschaft)
- insgesamt also 3/4 des Nachlasses
Was passiert mit dem Erbe? – Typische Konstellationen
- Verheiratet, zwei Kinder, kein Testament: Ehepartner erhält ¼ + ¼ pauschalen Zugewinnausgleich (soweit die Ehe in Zugewinngemeinschaft geführt wurde) = ½. Die Kinder teilen sich die andere Hälfte.
- Ledig, keine Kinder, Eltern leben: Eltern erben zu gleichen Teilen.
- Verheiratet, keine Kinder, Eltern verstorben: Ehepartner erbt allein.
Häufige Missverständnisse und Gerüchte
- “Der älteste Sohn bekommt alles” – falsch. In Deutschland gilt Gleichbehandlung unter Kindern.
- “Ohne Testament erbt der Ehepartner alles” – ebenfalls falsch. Kinder oder andere Verwandte erben mit.
- “Ein handschriftliches Testament ist ungültig” – falsch. Es muss nur vollständig handschriftlich und unterschrieben sein.
So macht man es richtig: Testament und Erbvertrag
Wer sicherstellen will, dass sein Vermögen nach eigenen Vorstellungen verteilt wird, sollte ein Testament oder einen Erbvertrag aufsetzen. Dabei gilt:
Checkliste für ein wirksames Testament:
- Vollständig handschriftlich verfasst
- Mit Ort, Datum und Unterschrift
- Klare Formulierungen („Ich setze meine Tochter Anna zur Alleinerbin ein.“)
- Keine widersprüchlichen Angaben
Alternativ kann ein notarielles Testament erstellt werden – besonders sinnvoll bei komplexen Vermögensverhältnissen oder Immobilienbesitz.
Pflichtteil: Was Sie nicht ausschließen können
Auch bei einem Testament gilt: Kinder, Ehepartner und ggf. Eltern haben Anspruch auf den Pflichtteil – die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Diesen kann man nicht einfach „wegschreiben“. Wer enterbt wird, kann den Pflichtteil geltend machen – notfalls gerichtlich.
Best Practices zur Vermeidung von Streit
- Frühzeitig mit Angehörigen sprechen
- Testament regelmäßig prüfen und anpassen
- Bei Immobilien: klare Regelungen zur Nutzung und Verwertung
- Bei mehreren Kindern: gerechte Verteilung oder Ausgleichszahlungen
Fazit
Die gesetzliche Erbfolge bietet eine solide Grundlage – aber sie passt nicht immer zu den individuellen Lebensverhältnissen. Wer rechtzeitig vorsorgt, schützt seine Angehörigen vor Unsicherheit, Streit und fiskalischer Erbschaft. Ein Testament schafft Klarheit und ermöglicht eine Nachlassregelung nach eigenen Wünschen.
Wenn Sie Fragen zur Erbfolge haben oder Ihre Nachlassplanung rechtssicher gestalten möchten, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf – ich berate Sie individuell und verständlich.



