Was ist eine Selbstanzeige und wann brauche ich sie?
Die Selbstanzeige ist ein gesetzlich geregelter Weg, um eine bereits begangene Steuerhinterziehung nachträglich zu korrigieren. Ziel ist es, dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu geben, zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren – ohne strafrechtliche Konsequenzen.
Typische Fälle, in denen eine Selbstanzeige sinnvoll ist:
- Einnahmen aus Vermietung oder Kapitalanlagen wurden nicht angegeben
- Auslandsvermögen (z. B. Schweizer Konten) wurde verschwiegen
- Betriebsprüfungen stehen bevor und es besteht Unsicherheit über die Vollständigkeit der Angaben
Wichtig: Die Selbstanzeige muss erfolgen, bevor die Tat entdeckt wird. Sobald die Finanzbehörde Ermittlungen aufgenommen hat oder eine Betriebsprüfung angekündigt ist, kann es zu spät sein.
Selbstanzeige bei Erbschaften und Schenkungen
Ein besonders sensibler Bereich, der häufig unterschätzt wird, betrifft Erbschaften und Schenkungen. Viele Steuerpflichtige wissen nicht, dass auch geerbtes oder geschenktes Vermögen – insbesondere mit Auslandsbezug – steuerlich relevant ist und angezeigt werden muss.
Typische Fallstricke:
- Ein geerbtes Konto im Ausland wurde nicht dem Finanzamt gemeldet
- Immobilien oder Wertpapiere wurden verschenkt, ohne die Schenkungssteuer zu beachten
- Erben sind sich nicht bewusst, dass sie für die Steuerpflicht des Erblassers haften können
In solchen Fällen kann eine Selbstanzeige helfen, die Versäumnisse zu korrigieren und eine Strafverfolgung zu vermeiden. Gerade bei Erbschaften ist die Frist zur Anzeige oft knapp, und die steuerliche Bewertung komplex. Wer hier frühzeitig handelt, kann hohe Nachzahlungen und rechtliche Konsequenzen vermeiden.
Ablauf der Selbstanzeige – Schritt für Schritt
Damit die Selbstanzeige wirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Ein formaler Fehler kann die Strafbefreiung kosten.
Checkliste für eine wirksame Selbstanzeige:
- Vollständigkeit: Alle steuerlich relevanten Angaben müssen für die letzten zehn Jahre nachgereicht werden. Eine Teilanzeige ist unwirksam.
- Eigeninitiative: Die Anzeige muss freiwillig und ohne äußeren Zwang erfolgen.
- Zeitpunkt: Sie darf nicht nach Bekanntwerden einer Steuerprüfung oder Ermittlungen erfolgen.
- Nachzahlung: Die hinterzogenen Steuern müssen vollständig und fristgerecht nachgezahlt werden.
- Zins und Zuschlag: Zusätzlich sind 6 % Hinterziehungszinsen sowie ggf. ein Zuschlag von 10 % ab 25.000 € Steuerschuld zu zahlen.
So gehen Sie vor:
- Kontaktieren Sie einen spezialisierten Steuerberater oder Rechtsanwalt
- Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen (Kontoauszüge, Mietverträge, Steuerbescheide)
- Lassen Sie die Selbstanzeige fachgerecht formulieren und bei Ihrem zuständigen Finanzamt einreichen
- Warten Sie die Rückmeldung des Finanzamts ab und begleichen Sie die Nachforderungen fristgerecht
Was passiert nach der Selbstanzeige? – Der weitere Verlauf
Nach Einreichung der Selbstanzeige prüft das Finanzamt zunächst die formale Wirksamkeit. Ist die Anzeige vollständig und fristgerecht erfolgt, wird die Steuer neu festgesetzt. Dabei kann es zu Rückfragen oder ergänzenden Prüfungen kommen.
Typischer Ablauf nach der Anzeige:
- Sie erhalten eine Eingangsbestätigung vom Finanzamt
- Die Behörde prüft die Angaben und fordert ggf. weitere Unterlagen
- Es erfolgt eine neue Steuerfestsetzung mit Nachzahlungsbescheid
- Nach Zahlung der Steuerschuld, Zinsen und ggf. Zuschlägen wird das Verfahren abgeschlossen
- Eine strafrechtliche Verfolgung bleibt aus, sofern alle Bedingungen erfüllt wurden
Wichtig: Die Finanzbehörde kann auch nach der Anzeige eine Außenprüfung anordnen, um die Angaben zu verifizieren. Eine professionelle Begleitung durch einen Anwalt oder Steuerberater ist daher auch nach der Anzeige empfehlenswert.
Häufige Missverständnisse und Risiken
Viele Steuerpflichtige glauben, eine Selbstanzeige sei ein einfacher Brief ans Finanzamt. Das ist ein gefährlicher Irrtum. Schon kleine Fehler – etwa das Vergessen eines Kontos – können die Strafbefreiung zunichtemachen.
Weitere Irrtümer:
- „Ich kann jederzeit eine Selbstanzeige machen.“ – Nein, nur solange die Tat nicht entdeckt wurde.
- „Ich muss nur die Steuern nachzahlen.“ – Auch Zinsen und ggf. Zuschläge sind fällig.
- „Ich kann das selbst erledigen.“ – Ohne fachliche Unterstützung ist das Risiko hoch, dass die Anzeige unwirksam ist.
Das sollten Sie wissen: Konsequenzen bei Steuerhinterziehung ohne Selbstanzeige
Wer keine Selbstanzeige erstattet und dennoch auffliegt, muss mit folgenden Sanktionen rechnen:
- Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren (§ 370 AO)
- Bei besonders schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahren
- Reputationsverlust, insbesondere bei Unternehmern und Freiberuflern
- Nachzahlungen inklusive Zinsen und Säumniszuschlägen
Die Selbstanzeige ist daher nicht nur ein juristisches Instrument, sondern auch ein strategischer Schritt zur Schadensbegrenzung.
Fazit
Die Selbstanzeige ist ein wirksames Mittel, um steuerliche Versäumnisse zu korrigieren – vorausgesetzt, sie erfolgt rechtzeitig, vollständig und professionell begleitet. Wer jetzt handelt, kann nicht nur Strafen vermeiden, sondern auch Klarheit schaffen. Wenn Sie unsicher sind, ob eine Selbstanzeige für Sie infrage kommt, berate ich Sie gerne individuell und diskret.



