Was bedeutet Nachlassverwaltung?
Die Nachlassverwaltung ist ein rechtliches Instrument, das sicherstellt, dass der Nachlass eines Verstorbenen geordnet und korrekt abgewickelt wird. Sie kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn unklar ist, ob der Nachlass überschuldet ist oder wenn die Erben sich nicht selbst um die Abwicklung kümmern können oder wollen.
Wichtig: Die Nachlassverwaltung ist nicht zu verwechseln mit der Testamentsvollstreckung. Während der Testamentsvollstrecker den letzten Willen des Erblassers umsetzt, schützt die Nachlassverwaltung die Erben vor einer persönlichen Haftung für Schulden.
Wer übernimmt die Nachlassverwaltung?
In der Regel wird die Nachlassverwaltung vom Nachlassgericht angeordnet – und zwar auf Antrag. Diesen Antrag kann jeder Erbe stellen, wenn er befürchtet, dass der Nachlass überschuldet ist oder wenn die Verhältnisse unübersichtlich sind.
Zuständig für die Organisation des Erbes sind:
- Die Erben selbst, sofern sie das Erbe annehmen und keine Nachlassverwaltung beantragen.
- Ein gerichtlich bestellter Nachlassverwalter, wenn eine Nachlassverwaltung angeordnet wird.
- Ein Testamentsvollstrecker, falls im Testament eine solche Person benannt wurde.
Kosten und Dauer der Nachlassverwaltung
Ein häufig unterschätzter Aspekt ist die Frage nach den finanziellen und zeitlichen Auswirkungen einer Nachlassverwaltung. Viele Erben fragen sich: Was kostet das? und Wie lange dauert das Verfahren?
Kosten
Die Kosten der Nachlassverwaltung setzen sich im Wesentlichen aus folgenden Komponenten zusammen:
- Vergütung des Nachlassverwalters: Diese richtet sich nach dem Umfang und der Komplexität des Nachlasses. Ist ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin als Nachlassverwalter eingesetzt, richtet sich die Vergütung entweder nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) oder kann durch gerichtliche Festsetzung erfolgen.
- Gerichtskosten: Für die Anordnung der Nachlassverwaltung fallen Gebühren nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) an.
- Sonstige Auslagen: Dazu zählen z. B. Kosten für Gutachten, Notare, Steuerberater oder die Sicherung von Vermögenswerten.
In der Praxis liegen die Gesamtkosten häufig im mittleren dreistelligen bis niedrigen vierstelligen Bereich – abhängig vom Umfang des Nachlasses.
Tipp: Die Kosten werden in der Regel aus dem Nachlass bezahlt. Die Erben müssen also nicht persönlich dafür aufkommen, solange sie das Erbe nicht angenommen haben.
Dauer
Die Dauer der Nachlassverwaltung hängt stark vom Einzelfall ab:
- Einfacher Nachlass (z. B. wenige Vermögenswerte, keine Streitigkeiten): ca. 6–12 Monate
- Komplexer Nachlass (z. B. Immobilien, Auslandskonten, Erbstreitigkeiten): 1–3 Jahre oder länger
Verzögerungen entstehen häufig durch:
- Unvollständige Unterlagen
- Streit unter Erben
- Steuerliche Prüfungen oder offene Forderungen
Best Practice: Eine frühzeitige Klärung der Vermögensverhältnisse und eine strukturierte Kommunikation mit dem Nachlassgericht können die Dauer erheblich verkürzen.
Wann brauche ich eine Nachlassverwaltung?
Die Nachlassverwaltung rentiert sich insbesondere in folgenden Fällen:
- Unklarheit über die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen (z. B. unbekannte Schulden, offene Forderungen)
- Streit unter den Erben, der eine geordnete Abwicklung verhindert
- Erben wohnen im Ausland oder sind nicht auffindbar
- Erbe ist minderjährig oder geschäftsunfähig
In solchen Fällen schützt die Nachlassverwaltung die Erben vor persönlicher Haftung und sorgt für eine professionelle Abwicklung.
Worauf muss ich achten?
Wer als Erbe in Betracht kommt, sollte folgende Punkte prüfen:
Checkliste für Erben:
- Habe ich das Erbe bereits angenommen oder kann ich noch ausschlagen?
- Gibt es Hinweise auf Schulden (z. B. Mahnungen, Kreditverträge)?
- Liegt ein Testament vor? Wurde es eröffnet?
- Gibt es weitere Erben oder Pflichtteilsberechtigte?
- Ist eine Nachlassverwaltung sinnvoll oder notwendig?
Best Practice: Lassen Sie sich frühzeitig beraten, bevor Fristen verstreichen. Die Ausschlagungsfrist beträgt nur sechs Wochen ab Kenntnis des Erbfalls.
Häufige Missverständnisse
„Ich bin Erbe, also gehört mir alles.“ – Falsch. Als Erbe übernehmen Sie nicht nur Vermögen, sondern auch Schulden.
„Die Nachlassverwaltung ist teuer und unnötig.“ – Nicht unbedingt. Sie kann hohe persönliche Haftungsrisiken vermeiden und ist oft günstiger als ein späterer Rechtsstreit.
„Das Testament regelt alles.“ – Ein Testament kann vieles regeln, aber nicht die Abwicklung bei Überschuldung oder Streit. Hier hilft die Nachlassverwaltung weiter.
Fazit
Die Nachlassverwaltung ist kein bürokratisches Hindernis, sondern ein Schutzmechanismus für Erben. Sie hilft, komplexe Vermögensverhältnisse zu ordnen, Streit zu vermeiden und Haftungsrisiken auszuschließen. Wer frühzeitig prüft, ob eine Nachlassverwaltung sinnvoll ist, handelt vorausschauend und rechtssicher.
Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden oder Fragen zur Nachlassabwicklung haben, stehe ich Ihnen gerne für eine individuelle Beratung zur Verfügung.



