1. Recht auf Bildung – was bedeutet das konkret?
Das Grundrecht auf Bildung ist in allen Landesverfassungen sowie in internationalen Abkommen (z. B. UN-Kinderrechtskonvention) verankert. Daraus ergibt sich:
- Schulen müssen einen chancengerechten und ordnungsgemäßen Unterricht gewährleisten.
- Bundesländer haben Schulgesetze erlassen, die Klassengrößen und Unterrichtspflichten regeln.
- Eltern und Schüler können sich auf diese Regelungen berufen, wenn der Unterricht dauerhaft oder in erheblichem Maße eingeschränkt wird.
2. Erhöhte Klassengröße: Ab wann ist es zu viel?
Zwar gibt es keine bundesweit einheitlichen Höchstgrenzen, aber Richtwerte:
- In Grundschulen liegt die Richtgröße meist bei 22–28 Schülern pro Klasse, in weiterführenden Schulen bei max. 30–33.
- Einzelfälle über diesen Werten müssen gut begründet sein.
Was tun bei dauerhaft überfüllten Klassen?
- Gespräch mit der Schulleitung suchen.
- Elternvertretung oder Schulbehörde informieren.
- In gravierenden Fällen ist auch ein formeller Widerspruch gegen die Klassenbildung möglich.
3. Unterrichtsausfall – welche Rechte haben Eltern?
Spätestens wenn regelmäßig Unterricht entfällt und kein Ersatz angeboten wird, ist der Bildungsanspruch Ihres Kindes betroffen.
Ansprüche können sein:
- Ersatzunterricht (z. B. durch Vertretung): Pflicht der Schule, angemessene Vorkehrungen zu treffen.
- Ausgleich durch digitale Lernangebote, Förderstunden oder individuelle Förderung.
- Anspruch auf Aufsicht und Betreuung, insbesondere bei jüngeren Kindern.
4. Welche Rolle spielt die Schulaufsicht – und wie kann ich sie einbinden?
Wenn Gespräche mit der Schulleitung nicht zum gewünschten Ergebnis führen oder die Problematik weiterbesteht, sollten Eltern die Schulaufsicht einbinden. Diese ist für die Rechts- und Fachaufsicht über öffentliche Schulen zuständig und hat die Aufgabe, für einen ordnungsgemäßen Schulbetrieb zu sorgen.
Was kann die Schulaufsicht leisten?
- Prüfung von Beschwerden über Unterrichtsausfall oder übermäßige Klassengröße
- Anordnung organisatorischer Maßnahmen zur Entlastung überfüllter Klassen
- Vermittlung bei Konflikten zwischen Eltern und Schulleitung
So gelingt die Kontaktaufnahme:
- Richten Sie Ihre Beschwerde schriftlich und sachlich formuliert an das zuständige Staatliche Schulamt oder die Bezirksregierung.
- Legen Sie möglichst konkrete Nachweise über den Unterrichtsausfall bzw. die Klassengrößen bei (z. B. Stundenpläne, Elternprotokolle).
- Bitten Sie um eine Stellungnahme oder konkrete Abhilfe innerhalb eines bestimmten Zeitraums.
Tipp: Eine gemeinsame Eingabe durch mehrere Eltern erhöht das Gewicht Ihres Anliegens erheblich.
5. Häufige Gegenargumente der Schule – und wie Sie souverän reagieren
Eltern, die Missstände ansprechen, stoßen oft auf Erklärungen, die nachvollziehbar wirken – bei näherem Hinsehen aber nicht immer tragfähig sind. Hier einige typische Aussagen und wie Sie ihnen sicher begegnen:
„Das geht gerade allen so.“ Das mag stimmen, ändert aber nichts an der individuellen Rechtslage. Schulen dürfen sich nicht darauf zurückziehen, dass Mängel flächendeckend sind. Das Recht auf chancengleichen Unterricht besteht unabhängig von der allgemeinen Lage.
„Wir haben zu wenig Personal – da kann man nichts machen.“ Auch bei Personalmangel bestehen Pflichten zur Unterrichtsorganisation. Die Schule muss alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um Ausfälle zu minimieren (z. B. Vertretungsreserve, digitale Angebote, Kooperation mit anderen Schulen).
„Wir informieren doch regelmäßig – mehr können wir nicht tun.“ Transparenz ist gut, ersetzt aber keine Kompensation. Information allein erfüllt nicht den Bildungsauftrag. Eltern dürfen Nachbesserung einfordern, wenn bloß informiert, aber nicht gehandelt wird.
Empfehlung: Bleiben Sie freundlich, aber bestimmt. Verweisen Sie auf konkrete schulrechtliche Grundlagen und führen Sie eine dokumentierte Korrespondenz. So zeigen Sie, dass Sie informiert sind und Ihr Anliegen ernst nehmen.
6. So machen Sie es richtig – eine kurze Checkliste
- Regelmäßig dokumentieren: Wann, wie oft, welcher Unterricht entfällt oder gestört ist
- Kontakt zur Klassenleitung / Schulleitung suchen
- Elternbeirat oder Schulkonferenz einschalten
- Schriftlich an das Schulamt oder die Schulaufsicht wenden
- Bei anhaltender Problematik: Widerspruch einlegen oder verwaltungsrechtliche Beratung einholen
Fazit
Wenn Unterricht systematisch ausfällt oder Klassen dauerhaft überbelegt sind, darf man das nicht einfach hinnehmen. Das Recht auf Bildung ist nicht bloß ein pädagogisches Ideal, sondern rechtlich verbindlich. Wer vorbereitet ist, dokumentiert und strukturiert vorgeht, hat konkrete Handlungsmöglichkeiten – notfalls auch mit rechtlicher Unterstützung.
Bei offenen Fragen oder Unsicherheiten begleiten wir Sie gerne mit individueller Beratung – damit Ihr Kind die Förderung erhält, die ihm zusteht.



