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Testament anfechten: Gründe und Vorgehen

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Ein Testament ist eine wichtige Verfügung, die den letzten Willen eines Erblassers festhält. Doch nicht immer sind Testamente rechtlich einwandfrei oder frei von äußeren Einflüssen. In bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, ein Testament anzufechten. Doch welche Gründe gibt es dafür, und wie genau geht man dabei vor?

Mögliche Gründe für eine Anfechtung

Die Anfechtung eines Testaments ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die häufigsten Gründe sind:

  1. Formfehler Ein Testament muss bestimmten gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Ein handschriftliches Testament muss beispielsweise vollständig vom Erblasser selbst geschrieben und unterschrieben sein (§ 2247 BGB). Fehler bei der Form können zur Unwirksamkeit führen.
  2. Täuschung oder Drohung Falls der Erblasser bei der Erstellung des Testaments durch Täuschung oder Drohung beeinflusst wurde (§ 123 BGB), kann das Testament angefochten werden.
  3. Irrtum des Erblassers Hat der Erblasser irrtümlich eine falsche Formulierung gewählt oder sich über wesentliche Umstände geirrt, kann dies ein Grund für eine Anfechtung sein (§ 2078 BGB). Ein Beispiel hierfür wäre, wenn der Erblasser einen bereits verstorbenen Erben einsetzt.
  4. Testierunfähigkeit Falls der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserstellung nicht geschäftsfähig war, beispielsweise aufgrund einer schweren Krankheit oder Demenz, kann das Testament angefochten werden (§ 2229 Abs. 4 BGB).
  5. Gesetzliche Pflichtteilsverletzung Ein Testament kann angefochten werden, wenn es die Rechte von pflichtteilsberechtigten Personen unrechtmäßig beschränkt (§ 2079 BGB). Hierzu gehören beispielsweise Kinder, Ehepartner oder Eltern des Erblassers.

Vorgehen bei der Anfechtung eines Testaments

Wenn ein Testament angefochten werden soll, müssen bestimmte Schritte eingehalten werden:

  1. Prüfung der Erfolgsaussichten Bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden, sollte genau geprüft werden, ob ein legitimer Grund für die Anfechtung vorliegt. Ein Rechtsanwalt kann hier beratend unterstützen.
  2. Fristen beachten Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgen (§ 2082 BGB). Wer die Frist versäumt, verliert sein Anfechtungsrecht.
  3. Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht Die Anfechtung muss schriftlich beim zuständigen Nachlassgericht erklärt werden. Dabei sollten alle relevanten Beweise und Argumente beigefügt werden.
  4. Gerichtliche Prüfung und Entscheidung Das Nachlassgericht prüft die eingereichten Unterlagen und trifft eine Entscheidung über die Wirksamkeit des Testaments. Im Streitfall kann es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen.
  5. Alternative: Mediation Falls Konflikte innerhalb der Familie bestehen, kann eine Mediation helfen, eine einvernehmliche Lösung zu finden und langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Rechtliche Folgen einer erfolgreichen Anfechtung

Wenn die Anfechtung eines Testaments erfolgreich ist, kann dies erhebliche Konsequenzen für die Erbfolge haben. Folgende Szenarien sind möglich:

  1. Teilweise oder vollständige Unwirksamkeit des Testaments Je nach Anfechtungsgrund kann das Testament entweder nur teilweise oder vollständig unwirksam werden. Falls einzelne Testamentsbestimmungen betroffen sind, bleibt der restliche Inhalt gültig. Ist das gesamte Testament unwirksam, greift die gesetzliche Erbfolge.
  2. Rückgriff auf frühere Testamente Falls es ältere, gültige Testamente gibt, können diese wieder in Kraft treten. Es muss geprüft werden, ob das vorherige Testament noch den Willen des Erblassers widerspiegelt und rechtlich Bestand hat.
  3. Gesetzliche Erbfolge tritt in Kraft Ist kein früheres Testament vorhanden oder ebenfalls unwirksam, wird die gesetzliche Erbfolge angewendet (§§ 1924–1936 BGB). Dabei werden Erben nach Verwandtschaftsgrad berücksichtigt – zunächst Kinder und Enkel, dann Eltern und Geschwister des Erblassers.
  4. Auswirkungen auf Erbverteilung und Pflichtteilsansprüche Pflichtteilsberechtigte Personen können durch eine erfolgreiche Anfechtung ihre Ansprüche geltend machen, wenn sie zuvor durch das Testament benachteiligt wurden. Dies kann zu neuen Verteilungen der Erbschaft führen.
  5. Rückabwicklung bereits erfolgter Erbauseinandersetzungen Falls das Testament bereits zur Vermögensverteilung geführt hat, müssen möglicherweise getroffene Vereinbarungen rückgängig gemacht werden. Dies kann komplizierte rechtliche und finanzielle Folgen haben.
  6. Mögliche weitere Streitigkeiten unter den Erben Die erfolgreiche Anfechtung eines Testaments kann innerhalb der Familie oder unter den Erben zu neuen Konflikten führen. Eine Mediation kann helfen, langwierige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden und eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Fazit

Die Anfechtung eines Testaments ist ein komplexes Verfahren, das sorgfältig geprüft werden muss. Wer Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Testaments hat, sollte nicht vorschnell handeln, sondern sich professionell beraten lassen. Nur so lassen sich rechtliche Fallstricke vermeiden und die besten Erfolgsaussichten sichern.

Sollten Sie Fragen zur Anfechtung eines Testaments haben oder unsicher sein, ob eine Anfechtung in Ihrem Fall möglich ist, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie mich für eine individuelle Beratung!


Über die Autorin

Anja Jäger

Mein Name ist Anja Jäger. Meine rechtlichen Schwerpunkte liegen in den Rechtsgebieten Erbrecht sowie Verwaltungsrecht, in letzterem habe ich 2023 den Fachanwaltslehrgang erfolgreich absolviert (theor. Vor. Fachanwalt für Verwaltungsrecht). Darüber hinaus unterstütze ich Sie selbstverständlich in jeglichen weiteren Anliegen rechtlicher Natur. Überregional bin ich für Sie im Einsatz, um mit Ihnen gemeinsam Ihre rechtlichen Herausforderungen kompetent zu meistern.